Dieses Video wurde am 16. Juni 2025 von DER SPIEGEL auf YouTube veröffentlicht. Zum Original-Video auf YouTube.
Deutschland feiert erstmals einen nationalen Veteranentag. Dieser Tag soll die lange überfällige Anerkennung für Soldatinnen und Soldaten bringen. Doch während viele die Chance auf mehr Wertschätzung sehen, warnen andere vor reiner Symbolpolitik und fordern stattdessen konkrete Hilfe für traumatisierte Rückkehrer.
Deutschland begeht erstmals einen nationalen Veteranentag, ein Datum, das lange undenkbar schien. Für viele Veteranen wie Stabsunteroffizier Stefan bedeutet dies eine wichtige Veränderung. Nach seiner Rückkehr aus Somalia vor über 30 Jahren herrschte Schweigen über die Einsatzerlebnisse. Heute erfährt er mehr Interesse und Wertschätzung, sowohl bei Gedenkstätten wie dem Wald der Erinnerung als auch im Alltag. Die gesellschaftliche Wahrnehmung der Bundeswehr hat sich durch die Zeitenwende stark gewandelt, was zur Entscheidung für diesen Ehrentag führte. Der Bundestag beschloss mit großer Mehrheit, den Veteranentag jährlich ab 2025 zu begehen, nur die Linke stimmte dagegen. Dies soll die gemeinsame Unterstützung für Soldatinnen und Soldaten signalisieren, ob aktiv oder ausgeschieden.
Der Begriff Veteran umfasst in Deutschland rund 10 Millionen Menschen, die aktiv in der Bundeswehr gedient haben. Stabsunteroffizier Stefan sieht im Veteranentag die Chance, Veteranen ins bessere Licht zu rücken und den Dialog mit der Gesellschaft zu fördern. Viele Bundeswehrangehörige und ihre Erfahrungen seien in Vergessenheit geraten, da die Institution in den letzten Jahren weniger öffentlich präsent war. Der Tag soll Menschen anlocken, um ins Gespräch zu kommen. Diesen persönlichen Kontakt hält er für entscheidend, um das Verständnis zu vertiefen und Vorurteile abzubauen. Es geht darum, die Leistungen und Opfer der Veteranen anzuerkennen und sichtbar zu machen.
Nicht alle Veteranen teilen den Optimismus. Einige, die ihr Leben riskierten oder Gesundheit verloren, fordern über einen Ehrentag hinaus konkrete Hilfe von Bundeswehr und Politik. Robert, 2014 im Kosovo-Einsatz, leidet Jahre später an PTBS. Die Bundeswehr erkennt seinen Einsatz nicht als Ursache an, er kämpft um finanzielle Hilfen ohne Erfolg, kennt viele ähnliche Fälle, die nur über Anwälte weiterkommen. Er befürchtet, der Veteranentag sei vor allem Symbolpolitik: „Schaut her, wir ermöglichen euch diesen Tag – und das reicht dann erstmal.“ Diese Skepsis verdeutlicht die Diskrepanz zwischen symbolischer Anerkennung und dem Bedarf an praktischer Unterstützung.
Für viele Veteranen ist der neue Gedenktag zwar ein Schritt, doch entscheidend ist die konkrete Hilfe im Alltag.
Oberstleutnant Michael Krause vom Veteranenbüro in Berlin sieht die Entscheidung für den Veteranentag als Beginn einer sich etablierenden Veterankultur in Deutschland. Es gehe nicht darum, die Anerkennung auf einen Tag zu beschränken, sondern kontinuierlich das ganze Jahr über Aktivitäten zu fördern. Rund um den ersten Veteranentag sind landesweit über 100 Veranstaltungen geplant. Allerdings gibt es auch Protestankündigungen, initiiert von linken Aktivistengruppen. Maximilian Schirmer von der Linken Berlin unterstützt die Gegenwehr, da der Tag seiner Meinung nach den Fokus von den Schattenseiten des Krieges und der notwendigen sozialen sowie psychologischen Hilfe für Rückkehrer ablenkt und stattdessen eine Glorifizierung und Normalisierung der Militarisierung fördert.