Dieses Video wurde am 3. Oktober 2025 von ZDFheute Nachrichten auf YouTube veröffentlicht. Zum Original-Video auf YouTube.
Altkanzlerin Merkel spricht offen über deutsche Einheit, die AfD und ihre persönlichen Erfahrungen als Ostdeutsche. Sie betont die Notwendigkeit, die Lebensleistungen der Ostdeutschen anzuerkennen und Vorurteile abzubauen, um ein gemeinsames Deutschland zu gestalten.
Merkel reflektiert über ihre Zeit als Kanzlerin und gesteht, dass sie das Thema Ostdeutschland möglicherweise zu wenig thematisiert hat. Ein prägendes Erlebnis war eine öffentliche Auseinandersetzung um ihre Marxismus-Leninismus-Arbeit, die sie als Kanzlerin vorsichtiger werden ließ. Sie wollte vermeiden, als jemand mit einem ‚Ostdefekt‘ abgestempelt zu werden. Merkel zitiert Publikationen, die von einer ‚Ballast‘ ihrer DDR-Biografie sprachen und sie als ‚angelernte Bundesdeutsche‘ bezeichneten. Diese Erfahrungen verdeutlichen, dass Ostdeutsche sich oft rechtfertigen müssen.
Es betrübt mich, dass Menschen in Ostdeutschland den Eindruck haben, sich immer wieder rechtfertigen zu müssen. Wir müssen neugieriger auf die Lebensleistungen derer sein, die viel geleistet haben. Das müssen wir überwinden!
Merkel betont, dass auch jüngere Generationen ähnliche Erfahrungen machen. Eine Freundin berichtete, dass es im gesamtdeutschen Wirtschaftsleben besser sei, die ostberliner Herkunft zu verschweigen, um sich nicht beweisen zu müssen. Merkel fordert ein Umdenken: Statt Defizite zu suchen, sollte man die unter widrigen Bedingungen erlernten Fähigkeiten wertschätzen, wie den Umgang mit Unsicherheiten. Diese Fähigkeiten seien heute für die gesamte Gesellschaft nützlich.
Merkel sieht den Tag der deutschen Einheit trotz aller Probleme als großen Glücksfall. Sie verweist auf ihr Büro, in dem einst die DDR-Volksbildungsministerin Margot Honecker saß. Honecker habe aber nicht verhindern können, dass sie ihren Weg in der Freiheit fand. Dennoch kritisiert Merkel, dass bei den Feierlichkeiten zum 35. Jahrestag der Einheit kein Redner aus Osteuropa oder Ostdeutschland eingeladen wurde, obwohl diese viel zur Wiedervereinigung beigetragen hätten.
Angesprochen auf die hohe Zustimmung zur AfD in Ostdeutschland und den Vorwurf, ihre Flüchtlingspolitik habe dazu beigetragen, entgegnet Merkel, dass die AfD bereits zur Zeit der Eurokrise gegründet wurde und später an die Pegida-Bewegung anknüpfte. Sie räumt ein, dass es Unzufriedenheiten gibt, wie den Verlust des Aufstiegsgefühls in ländlichen Räumen und Vereinsamung. Dennoch betont sie, dass dies kein Grund sei, eine menschenverachtende Partei zu wählen.