Deutschlands Gedenken & Polens Forderungen

Dieses Video wurde am 16. Juni 2025 von DW Deutsch auf YouTube veröffentlicht. Zum Original-Video auf YouTube.

Die deutsch-polnischen Beziehungen sollen unter der neuen Bundesregierung wieder intensiviert werden. Dies geschieht inmitten von Diskussionen über die Erinnerungskultur, Reparationsforderungen und die Bewältigung der Migrationssituation. Ein Interview mit dem Koordinator Knut Abraham beleuchtet die aktuellen Herausforderungen und den Ausblick für die Partnerschaft.

Die neue Bundesregierung strebt eine Intensivierung der deutsch-polnischen Beziehungen an, die in den letzten Jahren als unterkühlt galten. Ein wichtiger Schritt ist die Schaffung eines neuen Gedenkorts in Berlin für die polnischen Opfer des Nationalsozialismus. Herr Abraham betont, dass Deutschland sich generell schwer mit der Erinnerungskultur tut, was aber kein spezifisch deutsch-polnisches Problem sei. Die Einweihung des provisorischen Gedenksteins wird positiv bewertet, da er den Willen zum Gedenken sichtbar mache.

Der provisorische Gedenkstein ist nur der Anfang; ein permanentes Denkmal soll folgen. Entscheidend für die Geschwindigkeit der Realisierung ist laut Herrn Abraham die Trennung des Denkmalbaus vom Projekt eines deutsch-polnischen Hauses. Während das Denkmal relativ schnell umgesetzt werden sollte, benötigt das Haus mehr Zeit. Dieses Haus sei jedoch ein ganz wichtiges Projekt, um die Geschichte zu erklären und Menschen zur Begegnung und zum Austausch zu bewegen. Nur ein Stein reiche dazu nicht aus.

Die Forderungen Polens nach Entschädigung für Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg stehen einem kategorischen Nein aus Deutschland gegenüber. Herr Abraham erklärt, dass die juristischen Fragen als entschieden gelten und dieser Weg eine Sackgasse sei. Die unbestrittene politische Bedeutung erfordere jedoch andere Lösungswege. Dazu gehören humanitäre Maßnahmen für die noch lebenden, oft sehr alten Opfer sowie die gemeinsame Identifikation von Hauptinteressen, insbesondere der Sicherheit Europas, die viel Geld benötige.

Die Migrationspolitik bleibt eine erhebliche Herausforderung. An der deutsch-polnischen Grenze sind Grenzkontrollen erforderlich, die aber nicht dauerhaft sein können. Herr Abraham betont, dass die seit 35 Jahren gewachsenen Verflechtungsräume keinen Schaden nehmen dürfen. Die gemeinsame Identifizierung der Interessen ist entscheidend, um auf europäischer Ebene eine echte Lösung zu finden. Ein Hin- und Herschieben von Migranten über die Grenze löse das Problem nicht.

Trotz Herausforderungen wie der neuen polnischen Präsidentschaft (Karol Nawrocki) zeigt sich Herr Abraham optimistisch. Man habe gelernt, mit gelegentlichen antideutschen Spitzen umzugehen. Eine überzeugende Partnerschaft basierend auf gemeinsamen Interessen wie einem funktionierenden Europa, NATO und Ukraine-Unterstützung sei der beste Weg. Zur Verbesserung der Beziehungen empfiehlt er die Wiederbelebung der Regierungskonsultationen, um reale Probleme wie die Migration anzugehen.

Die deutsch-polnischen Beziehungen stehen vor Herausforderungen. Ein neuer Gedenkort in Berlin ist ein Anfang, doch Reparationen und Migration spalten. Gemeinsame Interessen und humanitäre Gesten sind der Weg vorwärts.